«Ich habe damals auf mein Bauchgefühl gehört und einen Treffer gelandet»; sagt Stedtlicoiffeur Christian Hamann. Vor etwas mehr als 2 Jahren hat er sich nämlich von den unzähligen Schnupperstiften für Isabel Arrojo entschieden. Er setzte bei seiner Wahl der Lehrlinge kein top Schulzeugnis voraus. Er hat aber ihr grosses Entwicklungspotential schon damals gespürt. Und er sollte Recht behalten. Im Frühling hat die 19-jährige Isabel Arrojo den Schulpreis der gewerblich-industriellen Berufsfachschule Liestal für vorbildliches soziales Verhalten gewonnen. Sie wurde von der Klassenlehrerin vorgeschlagen, weil sie eine schwangere Mitschülerin unterstützte. Aber mit der Sozialkompetenz alleine ist es nicht getan. Diesen Sommer schloss Isabel Arrojo ihre Anlehre erfolgreich ab. Da auch die Lehrerinnen grünes Licht gaben, hat sie nun beim Stedtlicoiffeur ihre Lehre mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis in Angriff genommen. Damit sie auch diese Ausbildung erfolgreich abschliessen kann, besucht sie das Förderprogramm «e Lehr mit Kick».
Einmaleins vergessen
In diesem Angebot des Kantons können die Lehrlinge begleitete Hausaufgaben machen oder sich gezielt verbessern. Klar geht es da um Schulstoff. Doch es geht auch um viel mehr. Da die Jugendlichen das Programm in ihrer Freizeit besuchen, lernen sie, Verantwortung für ihre Lehre und auch für ihren beruflichen Erfolg zu übernehmen. Zudem können die Lehrpersonen ganz gezielt Einfluss nehmen. Oftmals sind es nur Kleinigkeiten, welche die Jugendlichen vom Erfolg trennen. Beispiel gefällig? Da ist ein Maler, der beim Rechnen immer wieder hängen bleibt. Bis sein Coach merkt, dass er das Einmaleins vergessen hat. Einfache Übungen leisten Abhilfe und die Mathematiknoten verbessern sich nachhaltig.
Im Kick geht es aber nicht nur um Schulwissen. Grosses Augenmerk wird auch auf Lerntechnik gelegt. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass dank gewissen Lerntechniken mit dem gleichen Zeitaufwand viel mehr Stoff gelernt werden kann. Auch sind es manchmal Lappalien in der Arbeitstechnik, die eine bessere Note verhindern. Hier ein Beispiel: Eine Floristin schrieb im Fachunterricht viel falsch von der Wandtafel ab, weil sie im Schreiben zu langsam war. Das lernte sie dann gut auswendig und lieferte in der Folge natürlich ungute Tests ab. Die Lehrerin vom Kick brauchte nicht lange, um einen einfachen Tipp zu geben: «Ein guter Kugelschreiber und eine Schreibunterlage beschleunigen das Schreiben enorm!» Und damit wird weniger falsch von der Tafel abgeschrieben.
Natürlich sind es nicht nur solche Kleinigkeiten, welche den Lehrlingen die Zeugnisse verschlechtern. Aber es sind erstaunlich viele. Genaues Hinsehen lohnt sich also.
Verbesserung anstreben
Das Kick kann keine Erfolgsgarantie abgeben. Von 24 Lehrlingen, welche diesen Sommer zur Lehrabschlussprüfung angetreten sind, haben drei nicht bestanden. Oft gibt es zwei Meinungen, wenn Schüler schlechte Noten haben. Eine Fraktion bezeichnet die Schüler als dumm. Und die andere Fraktion die Lehrer. Im Kick wird diese Denkweise überwunden. Niemand wird beurteilt. Es geht nicht darum, was die Lehrlinge nicht können. Sondern einzig und alleine darum, wie sie besser werden. Dazu gehört auch, dass die Lehrlinge erkennen, dass sie Verantwortung für ihr Lernen übernehmen müssen.
Baselbieter Lehrbetriebe können ihre Lehrlinge auf den Beginn eines neuen Schuljahres hin anmelden (keine Aufnahme während des Jahres). Zudem werden keine Attest-Lernenden aufgenommen, weil es für sie andere Förderprogramme gibt.
Infos: www.lehrmitkick.ch